Als Psychologe und Coach arbeite ich mit Menschen an ihrem Verhalten und den dahinter stehenden Einstellungen, um ihnen zu helfen, ihre Lebensqualität zu verbessern und ihre Ziele zu erreichen. Obwohl der Weg eines jeden Menchen einzigartig ist, gibt es drei wesentliche Aspekte, auf die meine Arbeit abzielt. Im vorliegenden Artikel werden wir diese Aspekte genauer betrachten.

3 wesentliche Aspekte
1. Erweiterung des Verhaltensrepertoires eines Menschen
Wenn ein Mensch sein Verhaltensspektrum erweitert, dann vergrößert er die Anzahl an Verhaltensweisen und -modellen, aus denen er in vergleichbaren Situationen die geeignetste auswählen kann. Damit erhöht er seine Chancen, erfolgreich zu sein.
Denken wir einmal darüber nach, wie ein Mensch reagiert, wenn er mit seinem Gesprächspartner nicht einverstanden ist, insbesondere wenn das Gesprächsthema für einen oder beide Beteiligte bedeutsam ist, zum Beispiel:
- Kindererziehung;
- Entscheidung über die Entlassung eines talentierten Mitarbeiters, der ständig die Firmenregeln verletzt.
In solchen Situationen kann sich ein Mensch folgendermaßen verhalten:
A. Er streitet mit seinem Gesprächspartner und versucht, ihn von der Richtigkeit seiner Meinung zu überzeugen oder von der Falschheit der Meinung des Gegenübers. Dabei kann er durchaus lauter werden oder eine rauere Wortwahl an den Tag legen.
B. Er passt sich an und übernimmt die Meinung des Gesprächspartners, selbst wenn er völlig anderer Meinung ist. Auf diese Weise versucht er, die unangenehme Situation zu beenden, die seinem Empfinden nach durch die Meinungsverschiedenheit oder Streitigkeit entstanden ist bzw. im Begriff ist zu entstehen.
C. Er sucht nach einem Kompromiss und versucht, die goldene Mitte zu finden, die beide Seiten zufriedenstellt. Dazu hört er zu und fragt nach, um seinen Gesprächspartner so zu verstehen, wie dieser gern verstanden werden möchte. Gleichzeitig erklärt er seine eigene Meinung klar und deutlich, damit sein Gesprächspartner ihn richtig versteht. Nur so ist es möglich, Anknüpfungspunkte zwischen den unterschiedlichen Meinungen zu finden, die einen Kompromiss möglich machen.
Die Erweiterung des Verhaltensrepertoires eines Menschen bietet schlicht mehr Wahlmöglichkeiten in solchen Situationen und hilft, eine optimale Lösung zu finden.
2. Steigerung der kommunikativen Flexibilität eines Menschen
Je breiter das Verhaltensrepertoire eines Menschen ist, desto wichtiger ist seine Fähigkeit, zwischen verschiedenen Verhaltensweisen oder Verhaltensmustern zu wechseln, je nach Situation, Gesprächsthema und dessen Bedeutung sowie Gesprächspartner und dessen Stellung. So kann zum Beispiel ein Elternteil bei Bedarf von der Rolle des “alles erlaubenden liebevollen Vaters” zum “strengen Vater” wechseln und umgekehrt.
Die Fähigkeit eines Menschen, seine Verhaltensweisen und seinen Kommunikationsstil zu variieren, verbessert seine Kommunikation und somit die Beziehungen zu anderen Menschen, was in vielen Fällen entscheidend ist für Erfolg – beruflich wie privat. In diesem Zusammenhang empfehle ich u.a. den Artikel: Durch konstruktiven Dialog leicht Beziehungen aufbauen
3. Erhöhung des Bewusstseins
Bewusstsein in der Kommunikation bedeutet, sich selbst, andere und die Situation klar zu sehen, in welcher man sich mit anderen befindet. Es bedeutet weiterhin, dass man die Wechselwirkungen zwischen den Beteiligten in der gegebenen Situation versteht sowie deren mögliche Auswirkungen. Bewusstsein hilft einem Menschen, eine “Meta-Position” einzunehmen bzw. eine Position “von der Seite” (außerhalb der gegebenen Situation). Bewusste Menschen können leichter einschätzen, wie ihr Verhalten die Situation beeinflusst, welche Konsequenzen es haben kann und ob sie damit zufrieden sind.
So ermöglicht ein höheres Maß an Bewusstsein zu erkennen, wann es an der Zeit ist, sein Verhalten zu ändern, welche Verhaltensweisen oder welcher Kommunikationsstil in einer bestimmten Situation angewendet oder ausgeschlossen werden sollten und wie man bei all dem konstruktiv bleibt.
Dabei ist es wichtig, die verschiedenen Ebenen im Blick zu behalten, auf denen jede Kommunikation läuft. Hierzu empfehle ich den Artikel: Ebenen der Kommunikation: Wie kommuniziert man effektiv?
Fallstudie
Schauen wir uns an einem konkreten Beispiel an, wie die Steigerung der kommunikativen Flexibilität und die Erhöhung des Bewusstseins funktionieren.
Als mein Sohn 3 Jahre alt war, meldete ich ihn zu einem Schwimmkurs für Kinder an. Während der 10 Stunden dieses Kurses machte Moritz keine großen Fortschritte. Allerdings hatte er in dieser Zeit seine Angst vor dem Wasser überwunden.
Also meldete ich meinen Sohn zum Folgekurs an, weitere 10 Stunden. In dessen Ergebnis erbrachte Moritz unerwartet gute Leistungen und erfüllte mehrere Normen! Darüber hinaus hatte er seine Freude am Wasser, am Schwimmen, Tauchen und Turmspringen (!) entdeckt. Vertreter des örtlichen Schwimmvereins zeigten ihr Interesse und boten uns an, Moritz in den Kinderbereich des Vereins aufzunehmen. Mein Sohn und ich waren echt stolz auf diese unerwartete Wendung und nahmen den Vorschlag gern an. So begann Moritz’ Laufbahn als Schwimmer, in die wir beide motiviert hineingingen.
Am Trainingsprozess meines kleinen Sohnes beteiligte ich mich aktiv, gab Ratschläge, wie er besser schwimmen kann und kritisierte ihn sogar ein ums andere Mal. Ich agierte als “strenges Elternteil”...
Dann wandte sich der Trainer an mich: “Herr Hauer, Ihr Sohn hat gerade erst mit dem Schwimmen begonnen. Erinnern Sie sich bitte an Ihre Kindheit! Haben Sie etwa alles auf einmal gelernt und auch gleich alles nach dem ersten Versuch gekonnt – Radfahren, Mathe, Schwimmen? Sie verhalten sich wie ein ungeduldiger Assistenztrainer, worum ich Sie nicht gebeten habe. Ich verstehe, dass Sie Ihren Sohn unterstützen wollen. Bitte, dann loben Sie ihn so oft Sie können, auch für die kleinsten Erfolge! Gerade das ist am Anfang entscheidend.”
Diese ernsthafte und klare Ansage hatte gesessen. Ich hatte verstanden und mich zudem an meine eigene Kindheit erinnert… Darum stellte ich mich um. Ich ging gezielt dazu über, jeden kleinen Erfolg von Moritz zu sehen und dann entsprechend hervorzuheben und zu loben. Ebenso begann ich, meinen Sohn zu fragen, was er selbst über das Schwimmen und seine Fortschritte dachte.
Mir wurde eines bewusst: ich hätte bei meinem alten Kommunikationsstil bleiben können und als “strenges Elternteil” meinen kleinen Sohn hauptsächlich kritisiert und die Messlatte für ihn zu hoch gelegt. Doch wozu hätte das geführt? Mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, dass Moritz sich überfordert und verunsichert gefühlt hätte und ihm im Weiteren die Freude am Schwimmen verloren gegangen wäre.
Das Feedback des Trainers half mir, “aufzuwachen” und mich bewusst anders zu verhalten. Ich erkannte, dass ich ja wusste, was zu tun war und wie es geht, dieses Wissen aber schlicht und einfach nicht angewendet hatte – keine angenehme Selbsterkenntnis! Natürlich gab es immer mal wieder Momente, in denen ich mich beinahe so verhalten hätte wie am Anfang, aber es gelang mir, rechtzeitig den Mund zu schließen (tief ausatmen - langsam einatmen - wieder tief ausatmen). Dabei half mir, dass ich bewusst darüber nachdachte, wozu meine kritischen Worte führen würden… Also schaltete ich bewusst mein alternatives Verhaltensmodell ein. Mit der Zeit wurde dieses neue Verhalten zu meiner Gewohnheit.
12 Jahre später belegte mein Sohn Moritz in seinem Jahrgang den 2. Platz bei den deutschen Schwimmmeisterschaften in Berlin (50 m Freistil). Das war Klasse!

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die drei wesentlichen Aspekte der Arbeit am Verhalten und den dahinter stehenden Einstellungen (Erweiterung des Repertoires, Steigerung der kommunikativen Flexibilität und Erhöhung des Bewusstseins) natürlich zusammenhängen. Fortschritte in jedem von ihnen erleichtern es Menschen, ihre Kommunikationsfertigkeiten zu verbessern, ihre Beziehungen mit anderen Menschen zu stärken und ihr allgemeines Wohlbefinden zu steigern.
Am Ende dieses Artikels und insbesondere nach dem geschilderten Fallbeispiel empfehle ich, den Artikel zu lesen: Die Kunst der Kommunikation: Wie man andere Menschen wirklich versteht.